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Baueinstellung

Nicht immer ein guter weg

 

a3BAU Ausgabe 7-8/2010: 

Die Baueinstellung durch den Werkunternehmer ist ein probates Mittel, den Bauherrn zur Zahlung fälliger Werklohnforderungen zu bewegen. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür liegen aber nur unter gewissen, eng gefassten Voraussetzungen vor. Somit kann der Ausspruch einer Baueinstellung leicht ein Schuss werden, der nach hinten losgeht.

 

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Erstpublikation in: a3BAU Ausgabe 7-8/2010
Baueinstellung - Nicht immer ein guter Weg erschien erstmalig in dem Magazin "a3BAU".
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Was war geschehen? Im Bauvertrag wurde – wie üblich – ein Zahlungsplan vereinbart, bei dem auf nur mit allgemeinen Schlagworten umschriebene Gewerke als chronologisch abfolgende Teilphasen der Bauabwicklung (so die wörtliche Diktion des OGH) abgestellt wurde. Die Bauherrin hatte zuvor fünf Teilrechnungen prompt bezahlt. Offenbar gab es bei der sechsten Teilrechnung Probleme. In weiterer Folge erklärte die Werkunternehmerin die Baueinstellung und machte die Vollendung des Gewerkes von einer weiteren Abschlagszahlung abhängig. Daraufhin erklärte die Bauherrin, gestützt auf die behauptetermaßen unrechtmäßige Baueinstellung, den Rücktritt vom Werkvertrag. In dem in weiterer Folge anhängigen Prozess stand die Höhe der Werklohnforderung der Werkunternehmerin außer Streit. Strittig war nur die von der Bauherrin erhobene Gegenforderung aus dem Titel Pönale und erhöhtem Bauaufwand.

 

Vorleistungspflicht besteht

Die Gerichte hatten sich im Verfahren damit zu befassen, ob der Vertragsrücktritt der Bauherrin zu Recht erfolgt ist. Die Beantwortung dieser Frage hing davon ab, ob das Bauunternehmen die Baueinstellung zu Recht ausgesprochen hatte. 

 

Der OGH sprach aus, dass die Vereinbarung von Abschlagszahlungen (Vorschüssen) nichts daran ändere, dass nach § 1170 erster Satz ABGB der Werklohn erst nach vollendetem Werk zu entrichten ist.

 

Demnach sind Vorschüsse Vorauszahlungen eines noch nicht fälligen Entgeltes, die bereits erbrachte Leistungen vor Fälligkeit der entsprechenden Forderungen vorweg abgelten oder auf noch nicht Geleistetes entfallen können. Unter diesen Voraussetzungen bleibe der Werkunternehmer bei vereinbarten Abschlagszahlungen (Teilzahlungen) weiter vorleistungspflichtig.

 

Die wichtigste Konsequenz daraus ist laut OGH, dass dem Werkunternehmer kein Leistungsverweigerungsrecht (Recht auf Baueinstellung) zusteht, wenn der Bauherr mit der Leistung der vereinbarten Teilzahlungen säumig ist.

 

In Klartext bedeutet dies, dass die Werkunternehmerin im gegenständlichen Fall – und zwar ganz unabhängig davon, ob die Bauherrin die Leistung der Abschlagszahlung zu Recht oder zu Unrecht verweigerte – nicht zur Baueinstellung berechtigt war. Dies wiederum führte dazu, dass der Vertragsrücktritt durch die Bauherrin zu Recht ausgesprochen wurde.

 

Kein Austauschverhältnis

Die Rechtsnatur der Abschlagszahlung (des Vorschusses) führt dazu, dass die mit Teilrechnung geltend gemachte Abschlagszahlung nicht in einem Austauschverhältnis zur Leistung des Werkunternehmers steht. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom sogenannten funktionellen Synallagma. 

 

Da eben die Abschlagszahlung und Bauleistung nicht in einem derartigen funktionellen Synallagma (Austauschverhältnis) stehen, wie dies etwa bei einer Zug-um-Zug-Leistung der Fall wäre, berechtigt die nicht fristgerechte Leistung der Abschlagszahlung den Werkunternehmer nicht zur Baueinstellung. Anderes gilt selbstverständlich, wenn im Bauvertrag ausdrücklich vorgesehen ist, dass das Gewerk des Werkunternehmens „in gewissen Abteilungen“ zu errichten ist. Der Fall einer Werkerstellung in gewissen Abteilungen wäre beispielsweise dann gegeben, wenn die einzelnen Gewerke als von einander unabhängig angesehen werden können. 

 

Wie so häufig kommt also der Textierung im Werkvertrag eine ganz entscheidende Bedeutung zu. Dies gilt umso mehr, als – wie oben angeführt – die Baueinstellung ein äußerst effektives Tool darstellt, den Bauherrn zur fristgerechten Leistung von Abschlagszahlungen zu verhalten. 

 

Die Rechtsnatur der Abschlagszahlung sowie der Umstand, dass Abschlagszahlung und Werklohnleistung nicht in einem funktionellen Synallagma stehen, zeitigt eine weitere ganz wesentliche Konsequenz. Umgekehrt ist nämlich der Werkbesteller bei Vereinbarung von Abschlagszahlungen nicht berechtigt, weitere Abschlagszahlungen wegen solcher Mängel, deren Behebung er verlangt, bis zu deren Behebung zu verweigern.