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Vereitelung der Mangelbehebung durch den AG

 

a3BAU Ausgabe 1-2/2013: 

In einem aktuellen Fall hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) wieder einmal mit der Vereitelung der Verbesserung durch den Auftraggeber zu befassen. Der Fall ist insofern interessant, als die Mängelbehebung zwar technisch noch möglich gewesen wäre, sich jedoch die Mangelbehebungskosten durch das Verhalten des Auftraggebers verfünffacht haben.

 

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Erstpublikation in: a3BAU Ausgabe 1-2/2013
Vereitelung der Mangelbehebung durch den AG erschien erstmalig in dem Magazin "a3BAU".
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Dem vom OGH entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Der beklagte Auftraggeber bestellte beim klagenden Auftragnehmer eine Dachgaube um den Bruttopauschalpreis von 23.000 Euro. Nach Beendigung der Arbeiten erfuhr der Auftraggeber, dass die Isolierung nicht ordnungsgemäß angebracht worden war.

 

Der Auftraggeber verabsäumte es jedoch, den Auftragnehmer davon in Kenntnis zu setzen.

 

In weiterer Folge ließ der Auftraggeber von einem Maurer Gipskartonplatten auf der Innenseite der Außenmauer anschrauben und verputzen. Dies obwohl für den Auftraggeber eindeutig erkennbar war, dass in manchen Bereichen eine Dampfsperre fehlte.

 

Von den Unterinstanzen wurde festgestellt, dass die nichtvorhandene Dämmung im Bereich der Dachschräge sowie die unsachgemäß angebrachte Dampfsperre erhebliche technische Mängel darstellen. Hätte man diese Mängel vor Durchführung der Arbeiten des Maurers behoben, wären Behebungskosten in Höhe von – lediglich - 882 Euro aufgelaufen. Durch die nachfolgenden Maurerarbeiten erhöhten sich die Mangelbehebungskosten auf insgesamt brutto 4.446 Euro. Der Auftraggeber behielt vom Werklohn des Auftragnehmers in Höhe von 23.000 Euro 8.000 Euro ein. Dies mit der Begründung, dass wegen Bestehens der Mängel die Klagsforderung des Auftragnehmers nicht fällig sei (Einwand der mangelnden Fälligkeit). Er, der Auftraggeber, begehre weiterhin Verbesserung. Die Unterinstanzen hatten dem Klagebegehren mit unterschiedlichen rechtlichen Begründungen stattgegeben. Der Auftraggeber erhob Revision beim OGH. 

 

In der Revision beschäftigte sich der OGH mit dem Leistungsverweigerungsrecht des Auftraggebers. Nach ständiger Rechtssprechung erlischt das Leistungsverweigerungsrecht des Auftraggebers, wenn er die Fertigstellung des Werks durch den Unternehmer verhindert oder unmöglich macht oder wenn er das noch unvollendete Werk von einem Dritten vervollständigen lässt. Im gegenständlichen Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass der Auftraggeber durch die von ihm veranlassten Maßnahmen die Verbesserung, die ursprünglich mit 882 Eurozu bewerkstelligen gewesen wäre, vereitelt habe. Der Auftragnehmer, so der OGH, sei zur jetzt noch möglichen Verbesserung nicht verpflichtet, weil diese etwa das Fünffache koste wie ursprünglich. Dadurch, dass es der Auftraggeber zugelassen habe, dass die Gipskartonplatten auf der Innenseite der Außenmauer dazugeschraubt und verputzt wurden, habe er das Leistungsverweigerungsrecht verloren. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sich der Auftragnehmer nachträglich geweigert hat, die Verbesserung durchzuführen.

 

Der klagende Auftragnehmer hat in diesem Fall alles richtig gemacht.

 

Er hat nämlich nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens sein Klagebegehren um die ursprünglichen, also fiktiven, Mängelbehebungskosten von 882 Euro eingeschränkt. Der Differenzbetrag wurde ihm vom OGH zur Gänze zugesprochen. 

 

Die Entscheidung des OGH verdient volle Zustimmung. Wenn der Auftraggeber sehenden Auges die Kosten der Verbesserung um ein Vielfaches verteuert, dann ist er nicht mehr schutzwürdig und verliert das ihm ursprünglich zugestandene Recht des Einwandes der mangelnden Fälligkeit.

 

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der OGH auch in einer anderen, ebenfalls äußerst rezenten Entscheidung den vom Auftraggeber erhobenen Einwand der mangelnden Fälligkeit mit einem anderen Argument verneint hat. Im dortigen Fall hatte der Auftraggeber die Durchführung der Verbesserung von ungerechtfertigten Bedingungen abhängig gemacht, nämlich von der Zahlung bestimmter Gegenforderungen des AG und der aufgelaufenen Verfahrenskosten sowie von der Vorlage eines Sanierungsplans samt Überprüfung durch den Sachverständigen. Durch die Stellung derartiger Bedingungen habe der AG, so der OGH, die Einrede des nicht gehörigen erfüllten Vertrages (= Einrede der mangelnden Fälligkeit) verloren.  

 

Man sieht also: es gibt durchaus Fälle, in denen der Auftraggeber durch falsches Verhalten seinen Einwand, der Werklohn sei nicht fällig, verliert. Gerade das oben angeführte Begehren des AG, er möge vor Durchführung der Sanierungsarbeiten einen Sanierungsplan vorlegen, kommt in der Praxis sehr häufig vor.