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Schadensquotelung

In der praxis haltlos

 

a3BAU Ausgabe 9/2013: 

Bei Eintritt eines Schadens, den mehrere Unternehmer verursacht und verschuldet haben, wird immer wieder versucht, die Ansprüche des geschädigten Auftraggebers durch eine Schadensquotelung zu reduzieren. Eine aktuelle Entscheidung des OGH zeigt, dass diese Praxis rechtlich haltlos ist.

 

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Erstpublikation in: a3BAU Ausgabe 9/2013
Schadensquotelung, In der Praxis haltlos erschien erstmalig in dem Magazin "a3BAU".
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Das Szenario ist bestens bekannt: Mehrere an der Herstellung eines Gewerkes beteiligten Unternehmen verursachen und verschulden einen Bauschaden. Der Auftraggeber, der sich verständlicherweise nicht mit allen potentiellen Haftpflichtigen herumschlagen möchte, sucht sich jenen aus, bei dem die Chancen, die Ansprüche aus der fehlerhaften Werkherstellung durchzusetzen, am günstigsten erscheinen. Postwendend kommt von diesem Auftragnehmer der Einwand, dass auch andere Professionisten an der Verursachung des Schadens mitgewirkt hätten, weshalb er nur in einem bestimmten prozentuellen Ausmaß für den Gesamtschaden hafte. Häufig schalten Werkunternehmer ihre Haftpflichtversicherung ein, die entsprechende Sachverständigengutachten in Auftrag geben. Die dermaßen beauftragten Sachverständigen kommen in aller Regel zum Ergebnis, dass der Schaden vom Versicherungsnehmer nur anteilsmäßig herbeigeführt worden sei. Auf Basis dieser technischen Ansicht nehmen sie eine Quotelung des Schadens vor und ordnen jedem potenziellen Haftpflichtigen einen bestimmten Prozentsatz am eingetretenen Schaden zu. Wie eine aktuelle Entscheidung des OGH zeigt, ist diese Vorgangsweise rechtlich nicht haltbar:

 

In dem vom OGH entschiedenen Fall trat das Bauunternehmen als Generalunternehmer auf. Bereits kurze Zeit nach Errichtung des Gebäudes kam es zu Wassereintritten. In weiterer Folge traten im Bereich der Fensteranschlüsse Schäden in Form von Rissbildungen zwischen Fensterstöcken und Fensterlaibungen sowie Wasserspuren an den Fensterstöcken auf. Weiters kam es zu starker Verfärbung und Verfaulung der Holzoberfläche hinter den Styroporplatten des Vollwärmeschutzes.

 

Das Bauunternehmen hat gegenüber dem Bauherrn den Sanierungsaufwand zunächst allein getragen und regressierte sich in weiterer Folge bei jenem Subunternehmer, der mit dem Aufbringen des Vollwärmedämmsystems an der Fassade beauftragt worden war. Im Auftrag des Subunternehmers war auch das Versetzen von Fensterbänken enthalten, die vom Bauunternehmen vorgegeben und beigestellt worden waren. Im gerichtlichen Verfahren kam hervor, dass die streitgegenständlichen Schäden auf drei Schadensursachen zurückzuführen waren: Einerseits auf Undichtheiten an den Fenstern (die von einem Drittunternehmen geliefert worden waren); andererseits auf den nicht sachgemäßen Einbau von Fensterbänken und schließlich auf die unzureichend ausgeführten Anschlüsse des Wärmedämmverbundsystems an den Mittelsteher und an die Fensterbänke.

 

Nach den gerichtlichen Feststellungen hätten alle drei Schadensursachen auch für sich allein zum Schaden und zum Sanierungsaufwand geführt (man spricht von kumulativer Kausalität).

 

Auf Basis eines eingeholten Sachverständigengutachtens nahmen das Erstgericht und das Berufungsgericht eine technische und rechtliche Aufteilung der eingetretenen Schäden vor. Sie gewichteten die Undichtheiten an den Fenstern mit 50 %, die Montagemängel der Fensterbänke mit 30 % und die mangelhaften Anschlüsse des WDVS an den Mittelsteher und an die Fensterbänke mit 20 %. Die Unterinstanzen zogen sich auf den Standpunkt zurück, dass die festgestellte Gewichtung auf technischen Gegebenheiten (Sachverständigengutachten) beruhe. Demnach würden sich die Anteile der diversen Schadensverursacher am Gesamtschaden bestimmen lassen, sodass eine Solidarhaftung der Schädiger nicht greife. Die Unterinstanzen haben deshalb dem Klagebegehren des Auftraggebers nur anteilig stattgegeben (im Ausmaß der oa Prozentsätze).

 

Der Oberste Gerichtshof hat in weiterer Folge die Entscheidungen der Unterinstanzen – völlig zu Recht – korrigiert. Er führte aus, dass die vom Erstgericht, ausgehend von der „groben Einschätzung“ des technischen Sachverständigen, getroffenen Feststellungen zur technischen Aufteilung der Schäden nach Schadensquoten keine rechtlich relevanten Feststellungen darstellten. Vielmehr stehe fest, dass jeder Schädiger (Beklagter sowie Fensterlieferant) den vom AG bereits getragenen Schaden kumulativ verursacht habe. Aus diesem Grund seien Quotenzuordnungen des Schadens „aus technischer Sicht“ für die rechtliche Beurteilung nicht maßgeblich. Dass die Beklagte oder die Fensterlieferantin lediglich einen Teilschaden verursacht hätten, stehe gerade nicht fest. 

 

Die Entscheidung des OGH zeigt, dass die Praxis von technischen Sachverständigen, eine Quotelung eines Schadens vorzunehmen und den potentiellen Verursachern jeweils einen bestimmten Anteil am Gesamtschaden zuzuordnen, problematisch bzw. wohl in der Mehrzahl der Fälle falsch ist. Die Quotelung muss vor allem dann scheitern, wenn feststeht, dass jede der Schadensursachen den negativen Erfolg (Schaden) auch für sich allein herbeigeführt hätte.