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Vollmacht des Architekten

 

a3BAU Ausgabe 12/2014: 

In der Baupraxis treten immer wieder Unsicherheiten darüber auf, ob ein Architekt im eigenen Namen oder aber im Namen seines Auftraggebers handelt. Darüber hinaus stellt sich häufig die Frage, ob sich ein Bauherr, der im Rahmen der Abnahme durch einen Architekten vertreten wird, das Wissen des Architekten zurechnen lassen muss.

 

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Erstpublikation in: a3BAU Ausgabe 12/2014
Vollmacht des Architekten erschien erstmalig in dem Magazin "a3BAU".
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Im Zusammenhang mit der Vollmacht des vom Bauherrn beauftragen Architekten haben sich in der Rechtsprechung insbesondere zwei Konstellationen herauskristallisiert, die häufig Schwierigkeiten bereiten. Einerseits geht es um den Fall, dass der Professionist eine offene Werklohnforderung geltend machen möchte und vor die Entscheidung gestellt wird, wen er klagen soll: Den Architekten oder den Bauherrn? Andererseits stellt sich häufig die Frage, wer im Falle des Auftretens von Mängeln an der Werkleistung berechtigt sein soll, die aus den Mängeln resultierenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche gegenüber dem Professionisten geltend zu machen: Architekt oder Bauherr? 


Architekt oder Bauherr ?


 

In einem vom OGH entschiedenen Fall hatte der Professionist die Werklohnklage gegen die Bauherrin eingebracht. Die beklagte Bauherrin bestritt die passive Klagslegitimation und behauptete, dass der Architekt nicht bevollmächtigt gewesen sei, in ihrem Namen Aufträge zu erteilen. Vertragspartner des Professionisten sei der Architekt.

 

Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht haben das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass zwischen der Bauherrin und dem Professionisten kein Werkvertrag zustande gekommen sei.

 

Der OGH hat diese Entscheidungen umgedreht: Nach Ansicht des OGH gehöre zum normalen, typischen Wirkungskreis eines Architekten auch der Abschluss von Werkverträgen mit Professionisten. Dabei handle es sich um einen allgemein angenommenen Vertragstypus, um eine Verkehrssitte, die in der Baubranche allgemein üblich sei. Bei Betrauung eines Architekten oder Ziviltechnikers mit der Abwicklung eines Bauvorhabens müsse ein Professionist, der sich an einer vom Architekten erarbeiteten Ausschreibung beteiligt, nicht damit rechnen, dass sein Werkvertrag unmittelbar zwischen ihm und dem Architekten bzw. dem Ziviltechniker zustande kommen solle. Wolle der Bauherr ausnahmsweise seinem Architekten die Funktion eines Unternehmers zuteilen, der die gesamte Ausführung des Baus von der Planung über die eigentliche Bauarbeit aller Sparten bis zur Kollaudierung selbstständig gegen einen Werklohn durchzuführen hat, so müsse er dies dem Dritten (Professionisten) deutlich erkennbar machen, z.B. durch individuelle Verständigung.

 

Den Dritten (Professionisten) treffe insoweit keine Erkundungspflicht!

 

In einer anderen Entscheidung hat der OGH ausgesprochen, dass grundsätzlich ein Indiz dafür bestehe, dass ein Architekt gewöhnlich auf fremde Rechnung handle und Aufträge erteile.

Zu Deutsch und zusammengefasst: wenn nicht besondere Umstände für eine Beauftragung durch den Architekten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sprechen, kann der Professionist davon ausgehen, dass sein Vertragspartner der Bauherr, und nicht der Architekt, ist! Vice versa folgt aus dem oben gesagten, dass Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche aus mangelhafter Werkleistung grundsätzlich dem Bauherrn und nicht dem Architekten zukommen. Der Professionist wird im Falle einer Anspruchstellung durch den Bauherrn nur in Ausnahmefällen einwenden können, dass der Bauherr nicht anspruchsberechtigt sei. 

 

Im Zusammenhang mit Baumängeln wird vom ausführenden Unternehmen bei gerichtlichen Auseinandersetzungen regelmäßig argumentiert, dass die Bauleistung vom Architekten des Bauherrn abgenommen worden sei, obwohl die Baumängel für den Architekten bei der Abnahme erkennbar gewesen seien. Es wird behauptet, dass sich der Bauherr das Wissen des Architekten im Zuge der Abnahme zurechnen lassen müsse. Dieses Argument ist für den Bauherrn insbesondere dann gefährlich, wenn er selbst vom Baumangel erst Jahre nach der Übernahme Kenntnis erlangt und seine Schadenersatzansprüche demnach erst später als drei Jahre nach der Abnahme gerichtlich geltend macht. In einem solchen Fall droht die Verjährung der Schadenersatzansprüche.

 

Genau mit diesem Verjährungseinwand hatte sich der OGH in einem Fall auseinanderzusetzen, in dem der Bauherr Schadenersatzansprüche aufgrund von Baumängeln geltend machte. In der gegenständlichen Entscheidung bestätigte der OGH zwar, dass dem Bauherrn das Wissen des Architekten als „Wissensvertreter“ zuzurechnen sei. Der OGH verneinte jedoch eine Verletzung der Erkundungsobliegenheit des Bauherrn, wenn der von ihm mit der Bauaufsicht beauftragte (Architekt) seine Vertragspflicht ihm gegenüber nicht ordnungsgemäß erfüllt und er deshalb nicht schon bei Abnahme der Leistungen vom Schaden Kenntnis erlangte.

 

Habe der Architekt deshalb keine Baumängel wahrgenommen, sei es auch unter Verletzung seiner Bauaufsichtspflichten gegenüber der Bauherrin, so sei dies für den Beginn der Verjährungsfrist nicht ausreichend.

 

Zu Deutsch: Der Architekt wird zwar als „Wissensvertreter“ des Bauherrn angesehen. Wenn der Architekt allerdings die Baumängel nicht als solche identifiziert (und demgemäß den Bauherrn nicht informiert), dann beginnt die dreijährige Frist für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erst mit der Kenntnisnahme des Schadens durch den Bauherrn. Schlamperei der ÖBA im Zuge der Abnahme führt unter Umständen dazu, dass der Bauherr länger Zeit hat, Ansprüche aus mangelhafter Werkherstellung gegenüber dem Professionisten geltend zu machen.