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Vorzeitiger Abruf von Bankgarantien

achtung bei vorzeitigem abruf

a3BAU Ausgabe 5/2015: 

Kürzlich hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) wieder einmal mit der Frage zu beschäftigen, ob der Abruf einer Bankgarantie rechtsmissbräuchlich erfolgt war. Die Rechtsprechung bejaht einen Rechtsmissbrauch zwar äußerst selten. Wie der Fall zeigt, gelingt es unter Umständen auch bei abstrakten Bankgarantien, die Auszahlung des Garantiebetrages zu verhindern.


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Erstpublikation in: a3BAU Ausgabe 5/2015
Bankgarantien - Achtung bei vorzeitigem Abruf erschien erstmalig in dem Magazin "a3BAU".
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 Dem Fall lag ein Bauvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses zugrunde.  Die Auftragssumme betrug € 200.000,--. Im Bauvertrag war vereinbart, dass für alle Bauabschnitte eine entsprechende Rechnung gelegt wird. Als Zahlungsfrist für Teilrechnungen wurden sieben Tage, jeweils beginnend ab Eingang der Teilrechnung beim Auftraggeber vereinbart. Geringfügige Mängel sollten die jeweilige Teilzahlung nicht hindern.

 

Als Sicherstellung des Auftragswertes war für die gesamte Auftragssumme vom Auftraggeber (AG) zugunsten  des Auftragnehmers (AN) eine abstrakte widerrufliche Bankgarantie zu übergeben. Im Falle des Verzugs des AG mit den Zahlungen sollte der AN ohne weitere Einrede mit Vorlage der zur Zahlung fälligen Faktura die Beträge bei der garantierenden Bank durch Inanspruchnahme abrufen können. Voraussetzung hiefür war eine von einem Ziviltechniker oder allgemein beeideten SV ausgestellte Bestätigung, dass der angeführte Baufortschritt erzielt und die Arbeiten sach- und fachgerecht durchgeführt wurden.

 

Im Hinblick darauf, dass geplant war, das Bauprojekt bis Ende November 2012 fertig zu stellen, war die Bankgarantie befristet bis 30.11.2012. Im Zuge des Bauvorhabens kam es wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten zwischen AG und AN. Der Bauzeitplan wurde nicht eingehalten. Am 21.11.2012 wurde der Geschäftsführer des Bauunternehmens von der Hausbank darüber informiert, dass die Bankgarantie per 30.11.2012 ablaufe. Noch am selben Tag forderte er die Bauherren (Kläger) auf, die Bankgarantie um drei Monate zu verlängern. Am gleichen Tag legte er die vierte Teilrechnung für den Bauabschnitt fünf über € 30.000,-- und die fünfte Teilrechnung über den Bauabschnitt sechs über 20.000,-- Euro.

 

Beide Rechnungen wurden den Klägern am 30.11.2012 zugestellt. Da bis 30.11.2012, 12,00 Uhr keine Bestätigung über die Verlängerung der Bankgarantie beim Bauunternehmen eingelangt war und die Garantiefrist abzulaufen drohte, rief der Geschäftsführer der beklagten Partei noch an diesem Tag die Bankgarantie ab; dies im Bewusstsein, dass die Forderung von € 50.000,-- noch nicht fällig war und innerhalb der laufenden Garantiefrist auch nicht mehr fällig werden würde.

 

Nachdem die Bauherren zunächst die Auszahlung des Garantiebetrages mittels einstweiliger Verfügung verhindert hatten, klagten sie in weiterer Folge das Bauunternehmen auf Widerruf des Abrufes der Bankgarantie.  


Die Klage wurde damit begründet, dass der Abruf rechtswidrig erfolgt sei, weil die vierte und fünfte Teilrechnung nicht fällig gewesen seien.


Das Erstgericht und Berufungsgericht gaben der Klage statt. Der OGH wies die gegen die Klagsstattgebung vom Bauunternehmen eingebrachte außerordentliche Revision zurück.

 

Nach Ansicht der Gerichte diente nach der getroffenen vertraglichen Vereinbarung die Garantie der Besicherung der von den Bauherrn zu leistenden Teilzahlungen. Voraussetzung für den Abruf der Garantie sei sohin ein Verzug der Auftraggeber mit einer Teilzahlung gewesen. Da die Zustellung der Teilrechnungen erst am 30.11.2012 erfolgt sei, habe die 7-tägige Zahlungs- und Prüffrist erst mit diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Die Bankgarantie sei jedoch nicht zum Zwecke der Sicherung noch nicht fälliger Forderungen gegeben worden. Aus diesem Grund habe der Geschäftsführer der Baufirma die Garantie bewusst vor Fälligkeit und somit in rechtsmissbräuchlicher Weise abgerufen.

 

Der gegenständliche Fall ist ein Musterbeispiel für den rechtsmissbräuchlichen Abruf einer Bankgarantie. Das Bauunternehmen hat die Garantie abgerufen, weil es die Einbringlichkeit der Forderung nach Ablauf der Garantiefrist für zweifelhaft erachtete. Der erste Fehler ist sicherlich bereits bei der Ausstellung der Garantie unterlaufen. Die Garantie war viel zu knapp befristet. Das Bauunternehmen hätte von Anfang an auf einem längeren Garantiezeitraum bestehen müssen. Der Zeitdruck wurde in weiterer Folge offenbar durch Bauverzögerungen erhöht. Diese haben letztlich dazu geführt, dass die Laufzeit der Bankgarantie deutlich vor Beendigung der Bauarbeiten endete.

 

Trotz dieses recht plakativen Falles sei auf die Praxis verwiesen. Diese lehrt, dass es äußerst schwierig ist, die Auszahlung von Garantiebeträgen zu verhindern, selbst wenn der Abruf nicht gerechtfertigt ist. Vom ungerechtfertigten zum rechtsmissbräuchlichen Abruf ist es ein weiter Weg. Dies mußten wohl schon viele Bauunternehmen im Zusammenhang mit dem Abruf von Haftrücklaß- oder Erfüllungsgarantien erfahren.