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Forcierungskosten

... oder doch einfach länger bauen ?

 

a3BAU Ausgabe 7-8/2013: 

In der baurechtlichen Praxis gibt es immer wieder erhebliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit Forcierungskosten. Das sind jene Kosten, die dem Auftragnehmer dadurch entstehen, dass er Mehrleistungen aufwendet, um den Verzug, der durch eine auftraggeberseitige Behinderung entstanden ist, wieder aufzuholen.

 

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Erstpublikation in: a3BAU Ausgabe 7-8/2013
Forcierungskosten ... oder doch einfach länger bauen? erschien erstmalig in dem Magazin "a3BAU".
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Die Frage, ob der Auftragnehmer bei Verzögerung der Werkerstellung einen Anspruch auf Erhöhung seines Entgelts hat, stellt sich naturgemäß bei Behinderungsgründen, die aus der Sphäre des Auftraggebers stammen.

 

Das Gesetz (§ 1168 Abs. 1 Satz 2 ABGB) gewährt dem Auftragnehmer eine angemessene Entschädigung, wenn er durch Umstände, die auf Seiten des AG liegen, durch Zeitverlust bei der Ausführung des Werkes verkürzt wird.

 

Unstrittig ist, dass Behinderungen auf der Seite des AG nicht immer zu einer Verzögerung der Werkerstellung führen müssen. Es kommt eben auch vor, dass solche Umstände den AN zu erhöhtem Arbeitseinsatz, erhöhten Aufwendungen oder zu einer Änderung seines gesamten Arbeitsablaufes nötigen. Solche Fälle sind genauso zu beurteilen, wie jene der Werkverzögerungen und können zu einer Aufstockung des Werklohns des AN führen. Der oben erwähnte § 1168 ABGB ist sohin nicht nur für den Fall der Bauzeitverlängerung einschlägig, sondern räumt dem AN auch einen Anspruch auf angemessene Entschädigung für notwendige Forcierungsarbeiten ein.

 

Aber Achtung: In einer viel beachteten Entscheidung hatte sich der OGH mit dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Ersatz von Forcierungskosten zu beschäftigen. In dem vom OGH entschiedenen Fall wurde im Vertrag die damals gültige ÖNORM B2110 zugrunde gelegt. Auf Basis der entsprechenden ÖNORM-Regelung sprach der OGH aus, dass der Auftragnehmer zwar einen Anspruch auf Verlängerung der Leistungsfrist habe, wenn es zu Behinderungen aus der Sphäre des Auftraggebers komme.

 

Es stehe ihm aber nicht frei, ohne entsprechende Vereinbarung mit dem Auftraggeber, anstelle der Inanspruchnahme einer verlängerten Leistungsfrist Forcierungskosten aufzuwenden, um den ursprünglichen Fertigstellungstermin trotz der Behinderung einzuhalten und die Forcierungskosten dem AG zu verrechnen. Allerdings, so der OGH, seien dem AN jene Mehrkosten zu vergüten, die auch bei Inanspruchnahme der verlängerten Leistungsfrist unvermeidlich waren.

 

Daraus folgt, dass der AN bei Vereinbarung der ÖNORM B2110 bzw. bei einer ähnlichen vertraglichen Regelung gut beraten ist, wenn er sich hinsichtlich der von ihm beabsichtigten Forcierungskosten einen entsprechenden Auftrag des AG erteilen lässt.

 

Schriftlicher Auftrag

Die Praxis lehrt uns, dass der AN häufig übersieht oder dass es aus seiner Sicht gelegentlich ganz einfach nicht opportun ist, sich einen eindeutigen – schriftlichen – Auftrag für die Forcierungsarbeiten geben zu lassen. Fraglich ist, ob der AN auch in einem solchen Fall zum Ersatz der ihm erwachsenen Forcierungskosten kommt. Hier kommt es vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalles an.

 

Erstens ist in einem derartigen Fall das Verhalten der örtlichen Bauaufsicht zu beleuchten. Wenn diese Forcierungsarbeiten im Wissen des AG entweder genehmigt oder diesen aber laufend zusieht, dann wird darin zumindest die Gewährung einer Anscheinsvollmacht zu erblicken sein. Aus einem derartigen Verhalten der ÖBA bzw. des AG kann der AN mit gutem Grund darauf vertrauen, dass der AG mit dem Vorgehen der örtlichen Bauaufsicht einverstanden ist bzw. dieses billigt. Auch Anordnungen des AG, den Mitarbeiterstand zu erhöhen bzw. Überstunden zu leisten sind wohl als Einverständnis mit Forcierungsmaßnahmen zu werten. Wenn der AG dann auch noch im Wissen, dass der Grund für die Behinderung aus seiner Sphäre stammt, auf die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Termine pocht und womöglich auch noch Pönaleansprüche oder Ansprüche aus Ersatzvornahme androht, dann wird man wohl auch daraus das Einverständnis mit den Forcierungen ableiten können.

 

Wie oben angeführt hat der OGH darüber hinaus judiziert, dass jene Mehrkosten zu vergüten sind, die auch bei Inanspruchnahme der verlängerten Leistungsfrist unvermeidlich waren. Sind die vom AN geltend gemachten Forcierungskosten geringer als die Mehrkosten einer Bauzeitverlängerung, dann ist der Anspruch wohl unproblematisch.

 

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass der oben dargestellte Anspruch auf angemessene Entschädigung bei bauherrnseitiger Behinderung kein Schadenersatzanspruch des AN ist. Es handelt sich dabei vielmehr um einen Entgeltanspruch, sodass ein Verschulden des AG für die Geltendmachung derartiger Entschädigungen nicht erforderlich ist. Es reicht, wenn die Behinderung aus seiner Sphäre stammt.