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Warnpflichtverletzung des Bauunternehmens iZm "Sowiesokosten"

anrechnung der "sowiesokosten"

a3BAU Ausgabe 1-2/2015: 

Sowiesokosten sind (Errichtungs-) Kosten, die der Bauherr auch dann gehabt hätte, wenn das Bauunternehmen seiner Warnpflicht nachgekommen wäre. Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs beschäftigt sich mit dieser in der Praxis sehr häufig vorkommenden Problematik.


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Erstpublikation in: a3BAU Ausgabe 1-2/2015
Warnpflichtverletzung des Bauunternehmens, Anrechnung der "Sowiesokosten" erschien erstmalig in dem Magazin "a3BAU".
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Dem vom OGH kürzlich entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Bauherr (Kläger) hatte die Generalunternehmerin mit der Errichtung eines Wohnhauses beauftragt. Mit der Ausführung der Zufahrtsstraße samt Errichtung einer Stützmauer beauftragte der Kläger die beklagte Partei. Diese hat sowohl die Stützmauer als auch die Zufahrtsstraße mangelhaft errichtet. Die Stützmauer wurde als trocken verlegte Grobsteinschlichtung errichtet. Für eine standfeste Stützmauer wären allerdings eine aufwändigere Fundierung, eine größere Mauerstärke, die Vermörtelung der Steine, besseres Hinterfüllungsmaterial und verbesserte Drainagen nötig gewesen. An der Zufahrtsstraße traten Längsrisse auf. Schließlich rutschte die Zufahrtsstraße im Jahr 2010 (Errichtung im Jahr 2007) komplett ab.

 

Der Kläger begehrte von der beklagten Partei, gestützt auf Schadenersatz und Gewährleistung, die Kosten der Sanierung. Der Beklagte brachte im wesentlichen vor, dass die Zufahrtsstraße von Anfang an anders hätte gebaut werden müssen. Die dem Kläger sowieso entstandenen Kosten seien im Rahmen der Sanierung nicht vom Beklagten zu ersetzen.

 

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren nur teilweise Folge. Das Berufungsgericht sprach ihm die gesamten Sanierungskosten zu. Aus der Ausschreibung, so das Berufungsgericht, ergäben sich keine Hinweise auf die Ausführung der Stützmauer, sodass es einzig und allein dem Beklagten oblegen sei, die Voraussetzungen für die Herstellung einer technisch einwandfreien Stützmauer zu schaffen. Der Beklagte hafte daher für das sogenannte Erfüllungsinteresse und habe die gesamten Sanierungskosten zu ersetzen, sodass sich die Frage der Sowiesokosten gar nicht stelle.

 

Der OGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichtes aufgehoben. Zunächst bestätigte er allerdings dessen Rechtsansicht, dass bei einem Werkvertrag über die Errichtung einer Stützmauer deren Grund- und Geländebruchsicherheit als gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft als stillschweigend mitvereinbart gilt. Allerdings sei die Ansicht des Berufungsgerichtes, wonach sich aus der Ausschreibung keine Hinweise auf die Ausführung der Stützmauer ergeben hätten, nicht richtig. Der Ausschreibung sei unmissverständlich zu entnehmen, dass der Beklagte beauftragt wurde, die mehrere Meter hohe Stützmauer in „Grobsteinschlichtung“ „mit trocken verlegten Wasserbausteinen“ (also ohne Vermörtelung der Steine) zu errichten. Erforderlich sei jedoch gewesen, die Fundierung der Mauer im Fels vorzunehmen. Eine solche sei weder in der Ausschreibung noch im Auftragsschreiben enthalten gewesen. In der vereinbarten technischen Ausführungsvariante in Form der Grobsteinschlichtung mit trocken verlegten Wasserbausteinen war, so der OGH, die Errichtung der Stützmauer von Anfang an unmöglich.

 

Für den beklagten Werkunternehmer sei allerdings bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erkennbar gewesen, dass die Errichtung der Stützmauer in der in der Ausschreibung vorgesehenen Trockenbauweise nicht geeignet war, die Stand- und Bruchfestigkeit zu gewährleisten. Darauf hätte der Beklagte hinweisen müssen. Da er dies nicht getan habe, habe er die ihn treffende Warnpflicht verletzt. Bei Verletzung der Warnpflicht hafte der beklagte Werkunternehmer allerdings nur für den sogenannten „Vertrauensschaden“. Zu diesem gehörten nur solche Verbesserungskosten, die zur Verbesserung des Werkes im Sinne der Herstellung des vertragsgemäß geschuldeten Zustands aufzuwenden sind, nicht aber jene Kosten, die der Besteller auch bei entsprechender Warnung tragen hätte müssen (sogenannte „Sowiesokosten“).

 

Aus diesem Grund habe der Werkbesteller keinen Anspruch auf jene Kosten, die er nunmehr für die Herstellung einer qualitativ höherwertigen und vertragsgemäß nicht geschuldeten Stützmauer zu tragen hat. Auch gewährleistungsrechtlich komme für den Bauherrn nichts Besseres heraus. Ein Anspruch auf Ersatz der Verbesserungskosten im Sinne des Ersatzes der Kosten der Neuerrichtung einer standfesten Stützmauer bestehe nicht, weil das neue Werk nicht Vertragsgegenstand war und der Unternehmer im Wege der Gewährleistung nur zur Herstellung des vertraglich geschuldeten Werkes verpflichtet werden könne. 


Dass der Bauherr bei einer Warnpflichtverletzung auf den sogenannten „Sowiesokosten“ sitzen bleibt, ist richtig.


Aber Achtung: Dem beklagten Bauunternehmer ist der Sowiesokosten-Einwand gelungen, weil der OGH – im Gegensatz zum Berufungsgericht – zum Ergebnis gekommen ist, dass die von Anfang an unmögliche Errichtung der Stützmauer in Trockenbauweise in der Ausschreibung des GU vorgesehen war. Wäre der Vorschlag zur Errichtung der Stützmauer in der – fehlerhaften – Bauweise vom ausführenden Werkunternehmer selbst gekommen, stünden dem Bauherren wahrscheinlich die gesamten Sanierungskosten zu. In diesem Fall würde der ausführende Werkunternehmer mit dem Sowiesokosten-Einwand nicht durchdringen.