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Warnpflicht des Bauunternehmers

mangelhaftigkeit muss erkennbar sein

a3BAU Ausgabe 7-8/2015: 

In einer aktuellen Entscheidung hatte sich der OGH wieder einmal mit der Warnpflicht des Bauunternehmers zu befassen. Konkret ging es um die Warnpflicht bei fehlerhaften Plänen, geradezu ein Highlight in der baurechtlichen Praxis. Daneben werden vom OGH zwei weitere spannende Themenbereiche gestreift.


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Erstpublikation in: a3BAU Ausgabe 7-8/2015
Warnpflicht des Bauunternehmers, Mangelhaftigkeit muss erkennbar sein erschien erstmalig in dem Magazin "a3BAU".
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Im Baubewilligungsbescheid war dem Auftraggeber (AG) die Herstellung einer wasserdichten Betonwanne zur Verhinderung von Wassereintritten, einer sogenannten „weißen Wanne“, vorgeschrieben worden. Der Baubewilligungsbescheid war nach dem abgeschlossenen Bauvertrag ausdrücklich als Vertragsgrundlage vereinbart worden. Auch die entsprechenden landesgesetzlichen Bauvorschriften forderten, dass das Eindringen von Bodenfeuchtigkeit zu verhindern ist. Der Bauunternehmer, der nicht davor gewarnt hatte, dass die ihm vom AG zur Verfügung gestellten Ausführungspläne für die Herstellung einer weißen Wanne untauglich waren, klagte den ihm vermeintlich zustehenden Werklohn ein.

 

Im konkreten Fall ging es in erster Linie um die Frage, ob dem Bauunternehmer erkennbar war, dass die ihm vom AG zur Verfügung gestellten Ausführungspläne für die Herstellung einer weißen Wanne untauglich waren. Im Einklang mit seiner ständigen Rechtssprechung führte der Oberste Gerichtshof (OGH) aus, dass den Bauunternehmer im Falle der Beistellung von Architektenplänen durch den AG nur dann eine Warnpflicht treffe, wen ihm eine unklare und regelwidrige Situation in den übermittelten Plänen als offenbare Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffs auffallen musste. Demnach setze die Verletzung der Warnpflicht ein (Mit-) Verschulden des Bauunternehmers voraus.

 

Der Bauunternehmer sei nicht verpflichtet, besondere, nicht übliche Prüfungen und Untersuchungen anzustellen oder gar einen Fachmann auf diesem Gebiet beizuziehen. Auf Basis dieser ständigen Rechtssprechung des OGH waren die Unterinstanzen zum Ergebnis gekommen, dass dem Bauunternehmer wegen der technischen Komplexität einer weißen Wanne gar nicht erkennbar war, dass die ihm vom AG zur Verfügung gestellten Ausführungspläne für die Herstellung einer weißen Wanne untauglich waren. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Herstellung einer weißen Wanne sowohl nach dem zur Vertragsgrundlage erklärten Baubewilligungsbescheid als auch nach den Kärntner Bauvorschriften erforderlich war,  um das Eindringen von Bodenfeuchtigkeit zu verhindern.

 

Im Zusammenhang mit der Prüf- und Warnpflicht des Bauunternehmers bei ihm vom AG zur Verfügung gestellten (Ausführungs-) Plänen verwies der OGH auf seine ständige Rechtssprechung.


Der AG hat für die Erstellung eines Werkes aufgrund vorhandener Pläne dem Unternehmer taugliche Pläne zur Verfügung stellen.


Eine Verletzung dieser Verpflichtung führt regelmäßig, keinesfalls aber immer,  zu einem Mitverschulden des AG im Falle des Misslingens des Werkes.

 

In seiner Entscheidung hatte sich der OGH mit einem weiteren Einwand des AG gegen den Werklohnanspruch des Bauunternehmers zu befassen: Der AG hatte nämlich – sowie dies in Bauprozessen häufig geschieht – die mangelnde Fälligkeit des Werklohns mit der Begründung eingewendet,  dass die im Bauvertrag vereinbarte förmliche Übergabe des Werkes in Form eines Übernahmeprotokolls nicht stattgefunden habe. Der OGH verwarf diesen Einwand mit Verweis auf das eigene Prozessvorbringen des AG, die Bauleistungen des Bauunternehmers formlos übernommen zu haben. Der OGH wies darauf hin, dass in einer solchen formlosen Übernahme, etwa durch tatsächliche Benützung des Werkes, nach der Rechtssprechung des OGH ein schlüssiges Abgehen von der Vereinbarung der förmlichen Übernahme liege.

 

Die gegenständliche Entscheidung zeigt, dass Bauunternehmen entgegen weitverbreiteter Behauptungen nicht „vor allem und jedem“ warnen müssen. Voraussetzung für die Warnpflicht des Auftragnehmers ist und bleibt die Erkennbarkeit der Mangelhaftigkeit beigestellter Pläne. Dennoch überrascht die Entscheidung. Die sogenannte „weiße Wanne“ ist nach den Erfahrungen des Verfassers dieses Artikels keinesfalls ein Exotikum. Wenn die Unterinstanzen zum Ergebnis gekommen sind, dass dem AN die Untauglichkeit der Ausführungspläne in diesem Punkt nicht erkennbar war, dann ist dies möglicherweise auf eine gewisse Milde des in diesem Verfahren bestellten Bausachverständigen zurückzuführen.

Außerdem:

 

Wenn eine weiße Wanne wirklich so komplex ist, wie in dem Verfahren offenbar angenommen, dann stellt sich die Frage, ob das Bauunternehmen nicht eine Einlassungsfahrlässigkeit zu verantworten hat, wenn es den Bauauftrag übernimmt, ohne sich mit weißen Wannen auszukennen. Immerhin war die Ausführung der weißen Wanne auch im Baubewilligungsbescheid gefordert worden.